Es gibt immer wieder Anlässe, die schöne Fotomotive abgeben – sei es das Festival of Lights, Silvester, der Urlaub, die bunteste Jahreszeit oder, oder, oder. Dank des Internets kann jeder seine Werke veröffentlichen und ist irgendwie mehr oder weniger ein kleiner „Profi“-Fotograf. Doch Fotografieren ist mehr als einfach auf den Auslöser drücken.
Eine Fotoausrüstung ist leicht zu beschaffen und – Hand aufs Herz – der Gedanke „ach, so ein bisschen knipsen kann ich auch“ ist jedem bestimmt schon mal im Kopf umher gegangen. Immer besser werdende Smartphone-Kameras und tolle Artikel mit umfassenden Tipps unterstützen solche Gedanken sogar noch, obwohl dies sicherlich kein wirklicher Vergleich zu professionellen Kameras oder Fotografenarbeit ist. Die wachsende Anzahl von Hobbyfotografen hat jedoch einen deutlichen Einfluss auf den Stand der Berufsfotografen.
Der Fotografenberuf ist unwirtschaftlicher geworden
Die FotoWerkstatt, ein privatwirtschaftliches Weiterbildungszentrum für Berufsfotografen, und der Bund professioneller Portraitfotografen (bpp) haben 2016 eine Studie veröffentlicht, die verdeutlich, dass der erwirtschaftete Gewinn von Berufsfotografen der „Peoplefotografie“, die weltweit ca. 70% der Berufsfotografen ausmacht, zunehmend unter dem notwendigen beruflichen Existenzminimum liegt: „Bei einem mehrheitlichen Anteil liegen die erwirtschafteten Gewinne 2015 unter dem notwendigen beruflichen Existenzminimum.“
Der Bund professioneller Portraitfotografen bestätigt, dass sich auch aktuell dieser Trend fortsetzt. „Es gibt immer mehr Billiganbieter am Markt, was dazu führt, dass das professionelle Berufsbild immer mehr eingeht“, sagt die Pressesprecherin des bpp, Jeanette Niermann. „Wenn man z.B. auf Hochzeiten geht, steht da jetzt oft der Onkel und nicht mehr der Fotograf mit Meisterbrief“, ergänzt sie.
Die Studie der FotoWerkstatt und des bpp verdeutlicht dies. Nie zuvor gab es eine Umfrage zur wirtschaftlichen Situation von Berufsfotografen in dieser Ausführlichkeit, insgesamt umfasst sie 60 Fragen. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass sich nicht aus allen Sparten gleich viele Fotografierende sowie zu wenig jüngere Fotografen und Nebenberufler beteiligten und die Studie daher, laut beider Berufsverbände, nur als teilweise repräsentativ angesehen werden kann.
© Ergebnisse & Grafiken: bund professioneller portraitfotografen (bpp)
Der Fotografenberuf ist für viele vielleicht ein Traumjob, aber auch dieser unterliegt dem Prinzip Angebot und Nachfrage und muss daher auch ab und zu angepasst werden. „Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, Workshops anzubieten, um über die Runden zu kommen, aber dass es der Markt gerade hergibt schon“, so Niermann.
Was spricht also dagegen, sich eine Nische zu suchen und das eigene Wissen weiterzugeben? Ein Beispiel dafür sind die Online-Workshops von Girls With Cameras von Fotografin Andrea-Dawn Hänsch. Sie hat sich mit ihren Workshops darauf spezialisiert, anderen zu helfen ihren eigenen Stil zu finden.
„Ich wurde immer wieder gefragt, wie ich das schaffe, dass jemand meine Bilder erkennt ohne, dass mein Name dabei steht. Dann habe ich das immer wieder erzählt und gedacht, ich könnte auch ein Kurs dazu anbieten“, sagt Andrea-Dawn Hänsch.
Zusätzlich zu den Workshops bietet Dawn auch Fotowalks an, in denen die Teilnehmenden darin geschult werden, ein Auge für das richtige Detail zu bekommen. Von ihren Einkünften als Fotografin alleine könnte sie schon leben, aber die gebürtige Engländerin liebt es andere zu inspirieren und ihnen zu zeigen, wo ihre Talente stecken. Dennoch weiß sie, dass es harte Arbeit ist sich im Fotografenberuf einen Namen zu machen.
„Ich würde sagen, wenn man nicht bereit ist, sich auf etwas zu spezialisieren, dass man die Preise immer tief halten muss, um konkurrenzfähig zu bleiben,“ so Andrea-Dawn Hänsch weiter.
Daher ist ihre Empfehlung, sich durch eine Spezialisierung besonders zu machen. „Man muss auch viel Geschäftssinn haben, um sich gut verkaufen zu können und aktives Marketing betreiben“, weiß die Künstlerin, die schon seit ihrem zwanzigsten Lebensjahr selbstständig ist.
Ein Foto ist nicht auch gleich ein gutes Foto
Dass der Unterschied zwischen professionellen Fotografen und semiprofessionellen Fotografen nicht in der technischen Ausrüstung liegt, zeigt auch Mango Street. Mango Street ist ein Zusammenschluss von Fotografen, der Videotutorials anbietet, die laut ihrem Slogan keine Zeitverschwender sind. Im Sommer vergangenen Jahres haben sie einen Test durchgeführt, in dem deutlich wird, dass gute Fotos nicht in der Ausrüstung begründet sind. Mango Street hat dafür Profifotografen eine „kostengünstigere“ Kamera gegeben und semiprofessionellen Fotografen, mit Vorwissen in der Bildkonstellation, ein sehr teures Kameramodel. In einem gemeinsamen Shooting sollten sie nun ihr Können unter Beweis stellen.
Das Kollektiv des Photo-Lab wird oft gefragt, welche Kamera man sich zulegen sollte, um gute Fotos zu machen. Doch das ist nicht die Lösung, weiß Fotografin Rachel Gulotta. Sie sagt, das Ziel des Tests sei es, zu zeigen, dass nicht die Ausrüstung, sondern der richtige Blick oder das Gefühl für den richtigen Moment ausschlaggebend seien. Inwieweit sich dies bestätigt, wird in ihrem Video deutlich:
Der Beruf des Fotografen hat also genauso wie andere Berufszweige mit den Veränderungen zu kämpfen, die die neuen technischen Möglichkeiten mit sich bringen und muss sich anpassen, um wirtschaftlich zu bleiben. Und das muss nicht immer schlecht sein, denn, ob die Anpassung nun eine Spezialisierung der eigenen Talente ist oder ein vielseitiges Weiterbildungsangebot, bleibt ebenso jedem selbst überlassen, wie es im Auge des Betrachters liegt, wann ein Bild schön ist und wann eher ein Schnappschuss.
Artikelbild: https://www.pexels.com/de/foto/ausrustung-beruf-bokeh-camcorder-289796/
About Jessica
Kulturen kennenlernen und in fremde Welten eintauchen – egal, ob real oder literarisch – sind Jessicas Leidenschaften. Sie schreibt gerne über alles, was die Gemüter bewegt. Dabei ist sie stets auch auf der Suche nach neuen Trends. Für Youjoy schreibt sie über Literatur, Kultur, Sport und neue Lifestyle-Highlights.
Theo liebt Marken – große, kleine, aufsteigende, fallende, deutsche, internationale. Bei YouJoy schreibt vor allem über neue Marketing-Trends in Hinblick auf Labels, Shopping, Mode und Travel. Daneben dokumentiert er – mal objektiv, mal subjektiv – in seinen Social Posts, was aktuell auf Facebook, Instagram und Co. los ist. Außerdem schreibt Theo über Rapmusik(er/innen).